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Interview_GEORGE FITZGERALD - “ALL THAT MUST BE” Album Tour

“ALL THAT MUST BE” ALBUM TOUR

GEORGE FITZGERALD

DIENSTAG 20.03.2018

SCHWUZ


"All That Must Be" - das brandneue Album des britischen Vorzeige-Produzenten GEORGE FITZGERALD wartet mit hochkarätigen Kollaborationen mit Lil SilvaBonobo und Tracey Thorne auf. Und beleuchtet 18 lebensverändernde Monate, in denen  FitzGerald den vielbeschworenen Hedonismus der deutschen Hauptstadt hinter sich gelassen hat, um ein Leben als frisch gebackener Familienvater und Produzent in London aufzunehmen. Mit einem faszinierenden musikalischen Erzählbogen vereint er die unterschiedlichsten emotionalen Zustände und injiziert seiner Musik eine tragische Pop-Note. Drama trifft Frohsinn. Nachdenklichkeit tanzt mit Ausgelassenheit. Ein ausbalancierter Longplayer, der im Clubnebel genauso funktioniert, wie bei einer nächtlichen Autofahrt durch die Großstadt. Wir haben George in Berlin zum Interview getroffen:

Dein Album beschreibt deine Rückkehr nach London. Was hat sich verändert?

Es ist so viel passiert in meinem Leben, während ich mitten in der Produktion für „ALL THAT MUST BE“ war. Ich bin Vater geworden und nach London gezogen. Früher habe ich alleine in Berlin gelebt, fast 10 Jahre lang. Habe viel aufgelegt und war unterwegs. Jetzt ist einfach vieles anders, aber ich bin weiter DJ und Musiker. Das war ein spannender Prozess.

Ist dein Leben jetzt ruhiger?

Ruhiger bin ich schon seit dem ersten Kind. Meine Freizeit verbringe ich nicht mehr in Clubs, nur wenn ich auflege – das reicht mir auch völlig.

Dein Album hat melancholische Züge und bei manchen Tracks hört man Verspieltheit heraus. Dagegen sind andere ganz energetisch. Man hat das Gefühlt, dass Du dich innerhalb des Albums verändert hast...

Innerhalb von 2 Jahren habe ich bestimmt 30-40 Tracks geschrieben. Im Anschluss habe ich mir die Tracks rausgesucht und zusammen erzählen sie meine Geschichte. Sie erzählen meine Gefühle, die ich jeweils hatte. Aber es ist nichts gekünstelt oder so.

Hast du zu einem Track eine besondere Beziehung?

„Frieda“ ist der Name meiner ersten Tochter. Den Track habe ich kurz nach ihrer Geburt geschrieben. Für mich klingt er wie ein Kind, das rumläuft und Spaß hat.

Beeinflusst dein jetziges Leben deine Art zu arbeiten?

Es hat sich alles ziemlich krass verändert. Die ersten Tracks vom Album habe ich noch in meinem Studio in Marzahn produziert. Dort habe ich nächtelang gesessen und die Zeit vergessen. Das geht natürlich nicht mehr. Jetzt gehe ich ins Studio, wenn ich die Kids in die Kita gebracht habe. Anfangs fand ich das alles richtig blöd, aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Ich habe festgestellt, dass man kreativer ist, wenn man sich feste Zeiten setzt.

Kannst du denn auf Knopfdruck kreativ sein, ich stelle mich das schwierig vor?

Naja wenn du dir fünf Stunden Zeit gibtst oder nur diese Zeit hast, gehst du anders damit um und trödelst nicht so viel. Ich schaffe eine ganze Menge und bin strukturierter. Es halt jetzt einfach alles einen Anfang und ein Ende.

London wird oft mit Berlin verglichen, beide Städte sind Schmelztiegel. Wo siehst du die größten Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

Ich finde, man kann die Städte nicht vergleichen. Das Leben ist London ist schwieriger als in Berlin. Es ist viel teurer und voller. Das macht es manchmal anstrengender dort. Die meiste Zeit meines Erwachsenseins habe ich in Berlin verbracht. Hier kenne ich mehr als in London.

In London bin ich groß geworden, daher wird es immer eine Art zu Hause sein. Ich bin in Nord-London aufgewachsen, jetzt lebe ich in Süd-London. Es gibt nach wie vor Bezirke, die ich gar nicht kenne. Als Kind habe ich immer gesagt: Scheiß auf Süd-London und jetzt lebe ich dort. Total verrückt eigentlich.

Gibt es eine Stadt, in der du gerne mal leben wollen würdest?

Ich bin sehr glücklich, dass ich so viel reisen darf. Es gibt immer wieder Städte, in denen ich gern mal für sechs Monate leben wollen würde. Mit den Kids geht das aber jetzt erstmal nicht. Montreal zum Beispiel ist eine großartige Stadt. LA ist auch interessant, ebenso wie Lissabon. Jetzt erstmal abwarten, was mit dem Brexit passiert, vielleicht komme ich nach Berlin zurück mit meiner Familie.

Dein Studio ist genau am anderen Ende der Stadt, in der du aufgewachsen bist. War das eine bewusste Entscheidung?

Ja, ich wollte nicht das Gefühl haben, das sich die Vergangenheit wiederholt. Ich wollte auch mal das andere Ende der Stadt kennenlernen. In London ist die Musikszene sehr breit aufgestellt. Auch wenn ich nicht mehr so oft in Clubs bin, es fühlt sich gut an.

Zurück in London richtete er sich in ein kleines, fensterloses Studio im Süden des Londoner Stadtteils Bermondsey ein. Jeden Morgen spazierte er durch den in der Nähe seiner Wohnung gelegenen Burgess Park und entlang der dreckigen Hauptverkehrstrasse Old Kent Road zu seinem Studio zwischen alten Industriegebäuden, Taxi-Reparaturwerkstätten und afrikanischen Kirchen der Pfingstbewegung. Die seltsame tragische Energie jener eigentümlichen, vergessenen Ecke der Stadt dringt in seine Gefühlswelt ein und der Umstand, plötzlich in ein völlig neues Leben in einem unbekannten Teil seiner alten Heimatstadt katapultiert zu werden, gibt seiner Kreativität frische Impulse.

Für das neue Album hast du mit Lil SilvaBonobo und Tracey Thorne zusammengearbeitet. Was lief da wie ab?

Es lief mit allen drei ganz unterschiedlich. BONOBO zum Beispiel hatte schon für mein letztes Album einen Remix gemacht, wir kannten uns also schon und sind seitdem befreundet. In LA im Studio haben wir gebastelt und dann in London auch wieder. Wir haben ohne Ziel gearbeitet und viel geredet und dann ist der Track daraus entstanden. Es war quasi eine musikalische Unterhaltung. Die ersten Tage im Studio mussten wir erstmal Vertrauen aufbauen, dann lief alles von selbst. Hätte er sein Album nicht schon veröffentlich gehabt, dann wäre es auch gut möglich, dass er es released hätte. Aber so ist es nun auf meinem Album gelandet. Mit Lil Silva war es so, dass ich für ihn einen Remix machte und dann fürs Album seinen Manager angeschrieben hatte. Er wohnt nicht weit weg von London. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht und viel mehr als nur dieses eine Lied aufgenommen. Irgendwann später werden wir da auch weitermachen. Mit Tracy war es total modern, es lief alles per Email. Ich hab ein Lied für sie geschrieben und es hat ihr gefallen. Sie hat die Vocals aufgenommen und ich hab den Song fertig gemacht. Gesehen haben wir uns nie.

Gibt’s nen Künstler, mit dem du unbedingt mal was machen möchtest?

Vor zwei, drei Jahren hätte ich Tracey Thorne gesagt, sie stand auf meiner Liste. Jetzt antworte ich immer mit: Billy Corgan. Ich war großer „Smashing Pumkins“-Fan. Ich fand seine Texte immer geil.

Du hast fürs neue Album weniger am Computer gemacht, dafür mehr Instrumente aufgenommen. Wieso?

Wenn man alles mit elektronischen Instrumenten aufnimmt, hat alles einen bestimmten Sound. Ich mag das Reale als dritte Perspektive total gern. Zwar werden sie dann noch geschnitten, aber sie klingen einfach echter. Ich mag diese Kombination sehr gern.

Du hast als Kind Klavier gespielt. Hast du eher nachgespielt oder auch eigene Melodien im Kopf gehabt?

Das war immer unterschiedlich. Auch heute ist das noch so. Mal hast du eine Idee und mal ist es eine Reise. Der Anfang ist nie gleich – da habe ich keine Routinen.

Wer hat dich geprägt?

Schwer zu beantworten. Ich hab keine Musiker in der Familie, meine Eltern sind Ärzte, mein Bruder ist Neurowissenschaftler. Ich dachte, ich würde Anwalt werden oder auch Arzt. Aber meine Eltern haben mich immer unterstützt und sind stolz, dass ich Musiker bin. Es gab keinen Musiker oder so, meine Eltern waren meine Vorbilder, weil sie mich immer unterstützt haben. Mein Vater hat immer gesagt: „so lange du fleißig bist, kannst du alles machen“.

Amen. Danke, und das ist echt ein tolles Album, macht Spaß zu hören! (MGN)

 

“All That Must Be” erscheint am 09.03.16 auf Domino Records. Der Berliner Tourstopp ist ist am 20.03. im SchwuZ.

www.george-fitzgerald.com/