Fresh Guide

WESTBAM @ New Years Rave

SO 31.12.2017 // M-BIA

Du spielst am 31.12. im M-Bia, eigentlich der optimale Zeitpunkt, das Jahr mal Revue passieren zu lassen. 2017 im Rückspiegel, wie war es so für Dich?

2017 war mir rein politisch eher nervig, aber das DJing hat wieder richtig Spaß gemacht. Ich liebe den Beruf und auch diese Datenstick-DJ Sache immer mehr. Ich weiß, es ist politisch unkorrekt, das zu sagen, aber es ist die Wahrheit. Und jetzt nicht nur wegen rückenfreundlich, weil man kein Vinyl mehr schleppen muss, sondern wegen der vielen neuen Möglichkeiten, die man bekommt. 

In diesem Herbst schloss sich ein unglaublich großer Kreis für Dich, als Du für "Sato Sato" von DAF einen Remix angefertigt hast, die auch schon am Beginn Deiner Karriere eine wichtige Rolle spielten. Was hätte der WestBam Mitte der 80er bei diesem Remix musikalisch genau so gemacht, was anders?

Stimmt, DAF hat meine Liebe zur elektronischen Musik begründet. Ich bin denen als Teenager hinterher gereist und dann in den Achtzigern war ich als DJ mit ihnen auf Tour. Mit Gabi Delgado, dem Sänger, habe ich 1986 die erste deutsche House Party gemacht im Exx Und Pop in Schöneberg. Und wenn ich so überlege, habe ich den Sato Sato Remix eigentlich so gemacht, dass ich ihn genau auf dieser House Party im Exx & Pop hätte spielen können. 


In den 90er Jahren war es vor allem in Sachen Tempo dann deutlich flotter, nehmen wir z.B. Deinen Remix für "Bostich" von Yello. Derartige Tempi, hast Du darauf nicht auch hin und wieder mal Lust?

Die Gründe für die Schnelligkeit sind im Moment, realistisch betrachtet, nicht so da. In den 90ern hatte das etwas mit dem schnelleren Schritt der Geschichte zu tun. Heute muss man sich ja eher beruhigen. Um mich in einen 150 BPM-Mode zu hypen, müsste ich jetzt schon ganz schön meinen Funk faken. Von daher sehe ich das High-Speed Revival gerade nicht  kommen.
Andererseits: Ich mochte auch früher schon schnelle Tanzmusik. Ich denke gerade an “Surfing Bird” von den Trashmen, 12 XU von Wire, Tanz den Mussolini von DAF, No Tears von Tuxeedo Moon. Oder “Angst Vorm Tanzen” von Saal 2. Sag niemals nie….


Bei "And More" von WestBam Meets Can ‎ist das Tempo und die Haltung dann wieder ähnlich zu der bei dem DAF Remix. Ist das vielleicht so eine Art WestBam Proto-Sound? Eine Sound-Signatur, die über die Zeit eine große konstante Linie aufzeigt?

Ich glaube, es gibt eine ganze Handvoll von Westbam Proto-Sounds über die Jahre. Ich mag sie alle, aber die meisten Leute mögen nur einen bestimmten Westbam-Style. Leute, die meine Electric Kingdom Sachen mögen, lehnen die Rave Sachen ab und so weiter. Aber es stimmt wohl, dass es ein paar Tracks gibt, wie „Free Me“ „Beatbox Rocker“ oder auch Remixe wie der für Can, der für Fad Gadgets „Collapsing New People“ oder jetzt der für „Sato Sato“, die ich so auch schon 1983 im Odeon hätte spielen können und die meistens bei mir in den Set gepasst hätten. Vielleicht ist das der wahre Westbam Porto-Sound. Da müsste ich mal drüber meditieren...


Die beiden Remixe für Rammstein oder auch der für "London" von den Pet Shop Boy, da hast Du die jeweils elementaren Merkmale der Originale, jeweils die Stimme, stark "entzaubert" - sag ich mal. Aus Till wurde ein Vocoder und Neil Tennant wurde jedes Halls beraubt. Ich fand das damals recht provokativ, gab es da je Diskussionen mit den Labels oder den Acts? Wurde eigentlich immer alles abgenickt, was Du so gemacht hast?

“Entzaubert“ fände ich natürlich schade. Wenn ich mich recht erinnere, waren die Pet Shop Boys aber ganz angetan damals. Und Rammstein auch. - Aber jetzt, wo du es sagst, fanden die meinen instrumental Bonus Mix am besten, glaube ich.


Auch auf Deinem letzten Album hast Du mit zahlreichen Musikern zusammen gearbeitet. Entsteht dieses Bedürfnis vielleicht aus dem Solo-Dasein eines DJs bzw. Produzenten? Wirklich instrumentale Sachen gibt es von Dir ja gar nicht mal so viele.

DJs sind ja meistens Musikfans. Ich weiß nicht, ob das für die neueren DJs auch noch so gilt, aber früher war das mal so. DJs waren früher Fans von Gruppen und Sängern und Produzenten und Drummern und Bassisten und allen möglichen Musikern und Songwritern und so weiter. Das klingt sehr old school, oder? Ich bin jedenfalls immer noch Fan von den Stooges, von New Order, von den Psychedelic Furs und eben auch noch von den Stimmen von Bernhard Summers, von Iggy Pop, von Richard Butler und Inga (Humpe) und es war, als Musiker, aber auch irgendwie als Fan, ein großer Spaß, diese ungeheuren Musiker in ein neues, tolles, episches Werk zusammen zu mixen. “Götterstrasse” wäre für mich übrigens auch einer dieser Westbam „Proto-Sounds“. Und hör dir „You Need The Drugs“ noch mal in 50 Jahren an, ich sage dir: Es wird immer noch gut klingen.


Hast Du eine Art "Korrektiv" oder "Muse", die Dich bei der Auswahl Deiner Tracks für die nächsten Sets inspiriert, mit der/dem Du Dich abstimmst oder darüber unterhältst? Woher beziehst Du Deine Inspirationen bzw. Deinen kreativen Input? Was ist Dir da wichtig?

Musen? Klaro. Muse ist für mich jeder, der des Weges kommt. Ich kann mich, wie alle Musiker, tagelang in einen Track einspinnen und immer neue seltsame Sachen entdecken und mir was einreden, wie toll das ist. Aber sobald ich den Track jemandem vorspiele, höre ich die Musik gleich mit den Ohren dieser Person. In den meisten Fällen sind das einfach nur normale Musikhörerohren. Meine ganz normale Muse muss dann auch gar nichts mehr sagen. Weil, ich bin DJ und fühle, was der Mensch denkt, dem ich die Musik vorspiele. Das macht den DJ eigentlich aus. Ich weiß dann gleich, was am Track schon gut - und was noch nicht so gut ist.

Am 31.12. rutschst Du im M-Bia ins neue Jahr - und was steht dann 2018 so an?

2018 wird mein Album „The Risky Sets“ endlich rauskommen und das wird ein neues Kapitel werden. Für mich und vielleicht auch für dich und die lieben Leser. Ich gebe jetzt mal eine Prognose: Für Leute, die meine Musik mögen, wird 2018 ein nie dagewesenes Feuerwerk. Nimm mich beim Wort! (fhp)

www.westbam.de
www.m-bia.de